Warum der pure Wille bei Skin picking NICHT klappt.

Weißt du noch: Harry Potter und Voldemort?

Skin picking ist einer dieser Horkruxe

Wenn du Skin picking in einen weit entfernten Teil deines Selbst abspalten willst, und dann weg packen willst, in der Hoffnung, er gehört nicht mehr zu dir, und dann wärst du perfekt, weil du ihn ja nicht siehst, wirst du scheitern. Er gehört ja doch zu dir. Egal, wo er liegt. Ob ganz hinten in der Ecke oder nicht.

Im Moment des Stresses kommt dein Horkrux wieder raus.

Dein abgespaltener Seelenanteil arbeitet auch im Hintergrund weiter – im Untergrund – und ist im Dämmerschlaf, bis zu einem Moment des Stresses, der Überforderung seines Besitzers und freut sich, wenn er wieder hoch kommen darf, da du ihn ja doch nicht so ganz fest weggesperrt hast, sondern ihn dann wieder brauchst und willkommen heißt in deinen Armen.

Und er gibt dir ja auch was – nämlich Entspannung im turbulenten Alltag. Auch wenn nach der Sitzung mit „Freund“ Skin picking Ärger, Frust und Verzweiflung auftauchen. (Skin picking ist beides: Freund UND Feind – bei den meisten.)

Mit sich selbst Vereinbarungen zu treffen, ab einem bestimmten Zeitpunkt mit dem Skin picking aufzuhören, setzt dich nur unter Druck, weil alles in dir rebellieren wird, diese lieb gewonnene Tätigkeit sein zu lassen – sobald der Tag der Tage bevor steht.

Die Folgen, wenn du zu einem bestimmten Termin aufhören willst:

Entweder knibbelst du exzessiv und besonders stark VOR dem Termin des geplanten Aufhörens
„Lieber jetzt, weil DANN kann ich ja nicht mehr knibbeln“

ODER

Du schaffst es 1 Tag/1 Woche aufzuhören. Aber in dem Moment, wo du schwach wirst, weil etwas im Außen passiert, dass dich stresst oder nervös werden lässt, brauchst du es wieder, und sagst dir: „Ich fang morgen nochmal an, nachdem ich hier fertig bin. Heute war ich zu schwach, morgen ist ja ein neuer Tag. Ich kann jederzeit neu starten.“

So gehen die Versuche an dir vorbei und die Jahre ziehen ins Land. Bis du feststellt, dass sehr viele Jahre ohne große Änderung vergangen sind.

Es gab Betroffene, die anstatt des Skin pickings ein Mantra sagen wollten und das als Hilfe in Erwägung gezogen haben. Ich halte wenig davon, sich eine Disziplin aufzuerlegen, wenn der Drang im Inneren dich zum Platzen bringt, auch wenn du verbal „Om Shakti … irgendwas…“ vor dich hin sagst.

Schaffst du es, dich 50x am Tag daran zu erinnern, JETZT das Mantra zu sagen?

Das ganze Setting setzt dich doch wieder unter Druck, zu performen und etwas „gut“ zu machen. In diesem Fall das Mantra zum richtigen Zeitpunkt zu sagen.

Erinnerst du dich dutzende Mal an dein Mantra, wenn Skin picking so overwhelming nach dir ruft?

Weiterhin musst du dich in alttäglichen Momenten des Stresses erstmal an die neue Tätigkeit des Mantrenrezitierens erinnern. Vielleicht ist der Schorf da schon runter gekratzt, und dann ärgerst du dich zusätzlich darüber, weil es dir zu spät eingefallen ist. Dann sagst du dein Mantra, merkst, es hilft nicht wie gedacht in dieser Situation, und dann machst du weiter mit der entspannenderen Technik namens Skin picking – wohlbekannt, allzu oft erprobt, und gibt dir immer die gleichen Ergebnisse auf der Gefühlsebene.

Nichts gegen Mantren, ich war auch schon in Indien und saß im Tempel, und ich mag auch zu Meditieren, aber als Ersatz für Skin picking eher ungeeignet ☹

Kann man einen Automatismus ersetzen mit einer Handlung, an die man sich erinnern muss und die kein gefühlsmäßiges Equivalent darstellt?

Nein.

Der Versuch frisst einfach nur deine Energie auf, die du nötig hättest für andere Dinge deines Lebens. Oft fehlt auch dazu die Kraft. Warum also noch ein Stressfaktor mehr in dein Leben holen?

Das gleiche gilt übrigens bei Fidget Toys und Knete: Es befriedigt die Hände für einen kurzen Augenblick. Doch die Haut möchte berührt und bearbeitet werden. Man möchte merken, was man da im Gesicht, am Rücken oder den Beinen macht.

Da hilft Knete im Außen nicht, da sie nicht das gleiche im Gehirn abspricht an Belohnung und Befriedigung, wenn man die Berührung und den kleinen Schmerz im Inneren dazu braucht.